1.3 Zart Bleiben - mit Herbert Grönemeyer

Shownotes

Mehr zu Herbert Grönemeyer, Gast von Folge drei: instagram.com/herbertgroenemeyer und www.groenemeyer.de

Kontakt Fabian Hart: zartbleiben@fabianhart.com www.fabianhart.com Instagram: www.instagram.com/fabianhart und www.instagram.com/zartbleiben Twitter: www.twitter.com/fabianhart

Hinweis zur Werbung: Diese Folge wird unterstützt durch den Werbepartner Dr. Hauschka. Dr. Hauschka ist 100% zertifizierte wirksame Naturkosmetik und ist Teil des Stiftungsunternehmens WALA. Fabian Hart und Dr. Hauschka sind für die komplette Pilotstaffel ein „Match“, da Fabian Hart das Thema Pflege und Pflegeprodukte immer wieder in seinen Beiträgen bespricht und davon überzeugt ist, dass gerade Männer dadurch Soft Skills trainieren und ein Gefühl für sich selbst bekommen können: “Was tut mir gut?”, “Was fühlt sich gut an?” Mehr zum Werbepartner Dr. Hauschka: www.drhauschka.de Instagram: www.instagram.com/drhauschkalive Mehr zur Geschichte von Elisabeth Sigmund ist hier zu finden: https://www.drhauschka.de/elisabeth-sigmund Cover Foto der Folge: Fabian Hart Musik: „Dark Water“ – Ben Ross Davis / www.benrossdavis.com Voice-ID: Kaey www.instagram.com/one_letter_kaey Link zur in der Moderation erwähnten Statistik: https://de.statista.com/statistik/daten/studie/521812/umfrage/todesfaelle-aufgrund-von-herzinfarkten-nach-altersgruppe-und-geschlecht/

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Transkript 1.3 Zart Bleiben – mit Herbert Grönemeyer

Heute geht es hier um den unausweichlichen Soundtrack kritischer Männlichkeit, um neue Töne gegen die alte Leier, um die Erkenntnis, dass Väter auch mal Söhne waren und wir reden über mutwillig zerkratzte Schallplatten und was das mit Homosexualität zu tun hat… Na denn Moin! Herzlich willkommen zu Folge drei von „Zart Bleiben”…

Seit fast vierzig Jahren ist dieser eine Song Hymne, Begleitmusik und Quellenangabe, wann immer deutschsprachige Medien zu erklären versuchen, wie Männer so ticken: „Männer” von Herbert Grönemeyer. Als Kind habe ich diesen Song geliebt, aber ich fand ihn auch echt beunruhigend: „Männer kriegen einen Herzinfarkt“. What? „Zum Mann werden“ schien mir echt gefährlich. Die tragikomische Selbstbetrachtung, die dem Song zugrunde liegt, habe ich natürlich erst später mitgelesen oder mitgesungen. Wobei es es eigentlich stimmt: Im Jahr 2016 zum Beispiel starben in Deutschland 440 Frauen im Alter zwischen 55 und 60 Jahren an den Folgen eines Herzinfarktes. In der gleichen Altersgruppe lag die Zahl verstorbener Männer bei 1.820, also mehr als vier Mal so hoch. Ich lege euch die Statistik in die Shownotes. Auch in seinem Song „Alkohol” beschäftigt sich Grönemeyer mit Männlichkeit, allein schon deshalb, weil Alkoholsucht die häufigste seelische Krankheit bei Männern ist. Damit werde ich mich in Folge 4 genauer auseinandersetzen. In seinem Song „Etwas Warmes” führt Grönemeyer 1984 ignorante, diskriminierende Fragen vor, mit denen homosexuelle Männer damals konfrontiert wurden und noch heute werden. Grönemeyer ist politisch, auch über seine Lieder hinaus, etwa durch Aktionen wie #KeinMillimeterNachRechts.

Ich habe euch über Instagram Stories gefragt, ob euch noch Songs einfallen, in denen sich Musiker der deutschen Popgeschichte mit Männlichkeit auseinandersetzen und natürlich war Herbert Grönemeyer auf Platz 1. Außerdem wurden ganz oft „Die Ärzte” genannt mit „Männer sind Schweine”, Falcos „Männer des Westens”, Rammstein und „Mann gegen Mann”, aber auch „K.I.Z.“ mit „Ich steh’ auf Frauen (Ich schwör)”, außerdem Rainhard Fendrichs „Macho”, Adesse mit Sido und „Männer weinen nicht”, Ted Herolds „Ich bin ein Mann”, und ein ganzes Album von Roger Cicero: „Männersachen”. Danke für all die Nachrichten, da waren auch noch ein paar andere Songs dabei, Udo Jürgens etwa mit „Der Mann ist das Problem”. Auffällig war, dass meistens dieselben drei, vier Lieder genannt wurden. Mir ist auch aufgefallen, dass unabhängig von Genre und Zeit und auch ob ich persönlich einen Interpreten oder Song mag oder nicht: Männer, die auf deutsch über Männlichkeit singen (oder sprechsingen), bringen die ungesunden, repressiven „toxischen” Eigenschaften traditioneller Männlichkeit durchaus auf den Punkt, aber sie bringen nicht zum Ausdruck was sie sich stattdessen wünschen. Also es ist dann „Männer weinen nicht” statt „Weinen ist ok”. Frauen formulieren Feminismus in ihren Liedern nicht allein durch das Wiedergeben des aktuellen Zustandes, sondern durch ganz klare Forderungen und Aufruf zu Veränderung. Nina Hagen in „Unbeschreiblich Weiblich” zum Beispiel, Ina Deter in „Neue Männer braucht das Land” oder Songs von Lady Bitch Ray. Das heißt nicht, dass es diese Lieder von Männern überhaupt nicht gibt, aber dieses Festhalten an Eigenschaften, die „eben nun mal so sind“ gilt für die meisten Songs von Musikern der deutschen Popmusik über Männlichkeit. Ihr könnt mir aber zu jeder Zeit an zartbleiben@fabianhart.com oder via Instagram Direktnachrichten Links zu Musik schicken, die anders klingt und dann lege ich eine Spotify-Playlist an. Als ersten Song würde ich natürlich „Männer” von Herbert Grönemeyer adden. „Männer weinen heimlich” ist 1984 ein wichtiges Zugeständnis uns deshalb schon ein Soundtrack kritischer Männlichkeit. Und glaubt es mir oder nicht: Herbert Grönemeyer – der ist hier gleich im Studio. Vorher geht’s aber in die Werbung…

Werbung I Dr. Hauschka:

Auch in Folge drei ist Dr. Hauschka mit dabei und dieses Mal kommen wir in der Werbung von Popkultur zu Kosmetikkultur. Ich erzähle euch heute die Geschichte von Elisabeth Sigmund, der Mitbegründerin von Dr. Hauschka oder in „Start-Up”-Sprech die „Co-Founderin”. Elisabeth Sigmund wird 1914 in eine ehrenwerte Wiener Familie geboren und wächst im noblen Wiener Viertel Hietzing auf, ihre Mutter ist eine Dame böhmischen Uradels, ihr Vater promovierter Politologe. Elisabeth wird vor allem von ihm philosophisch-anthropologisch erzogen, also Werte für ein wohlwollendes, menschliches Zusammenleben, die Personalität steht im Fokus ihrer Erziehung, auch ihre Selbstbestimmtheit und Entscheidungsfreiheit. Das ist zu dieser Zeit fast schon ein Affront gegen den herrschenden katholischen Zeitgeist. Im Garten ihrer Großmutter fühlt sie sich zu Hause und obwohl sie nach dem Abi erstmal Medizin studiert, bleibt sie lieber bei theoretischer Gartenarbeit, liest Literatur über Heilpflanzen, lernt die wissenschaftlichen Namen und Gattungen, beginnt sogar mit dem Apotheker der Familie eigene Texturen aus Heilpflanzen herzustellen. Zum Leidwesen ihrer Mutter ist das genau ihr Ding und sie entscheidet sich Kosmetikerin zu werden. Eine passende Ausbildung gibt es damals noch nicht, deshalb besucht sie weiterhin die Medizin-Vorlesungen, die für sie Sinn machen, lernt alles über Hautkrankheiten und tüftelt weiter an Rezepturen. Sie stellt ihr erstes eigenes Gesichtswasser her auf Basis eines kräftigen Gänseblümchentees und entdeckt den Wundklee für sich. Über beide Pflanzen habe ich schon letzte Woche gesprochen als ich das Gesichtstonikum vorstellte, das ist nämlich ihre Rezeptur, die finale Version ihres ersten Gesichtswassers. Anfang der 1930er Jahre liest sie einen Vortrag von Rudolf Steiner und ist völlig hin und weg von seiner anthroposophischen, spirituellen Welt. Steiner sagt damals „Schön sei dasjenige, was sein Inneres in seiner äußeren Gestaltung zur Offenbarung bringt.” Das ist genau ihr Ansatz: Kosmetik und Ästhetik motiviert durch medizinisches Interesse. Das wäre heute Sigmunds „Elevator Pitch”. Wie sie dann zu Dr. Hauschka findet, ob sie vielleicht selbst Dr. Hauschka ist? Das hören wir ein wenig später. Jetzt geht’s erstmal zurück ins Heute. Zurück zu „Zart Bleiben“.

Auch in Folge drei ist Dr. Hauschka mit dabei und dieses Mal kommen wir in der Werbung von Popkultur zu Kosmetikkultur. Ich erzähle euch heute die Geschichte von Elisabeth Sigmund, der Mitbegründerin von Dr. Hauschka oder in „Start-Up”-Sprech die „Co-Founderin”. Elisabeth Sigmund wird 1914 in eine ehrenwerte Wiener Familie geboren und wächst im noblen Wiener Viertel Hietzing auf, ihre Mutter ist eine Dame böhmischen Uradels, ihr Vater promovierter Politologe. Elisabeth wird vor allem von ihm philosophisch-anthropologisch erzogen, also Werte für ein wohlwollendes, menschliches Zusammenleben, die Personalität steht im Fokus ihrer Erziehung, auch ihre Selbstbestimmtheit und Entscheidungsfreiheit. Das ist zu dieser Zeit fast schon ein Affront gegen den herrschenden katholischen Zeitgeist. Im Garten ihrer Großmutter fühlt sie sich zu Hause und obwohl sie nach dem Abi erstmal Medizin studiert, bleibt sie lieber bei theoretischer Gartenarbeit, liest Literatur über Heilpflanzen, lernt die wissenschaftlichen Namen und Gattungen, beginnt sogar mit dem Apotheker der Familie eigene Texturen aus Heilpflanzen herzustellen. Zum Leidwesen ihrer Mutter ist das genau ihr Ding und sie entscheidet sich Kosmetikerin zu werden. Eine passende Ausbildung gibt es damals noch nicht, deshalb besucht sie weiterhin die Medizin-Vorlesungen, die für sie Sinn machen, lernt alles über Hautkrankheiten und tüftelt weiter an Rezepturen. Sie stellt ihr erstes eigenes Gesichtswasser her auf Basis eines kräftigen Gänseblümchentees und entdeckt den Wundklee für sich. Über beide Pflanzen habe ich schon letzte Woche gesprochen als ich das Gesichtstonikum vorstellte, das ist nämlich ihre Rezeptur, die finale Version ihres ersten Gesichtswassers. Anfang der 1930er Jahre liest sie einen Vortrag von Rudolf Steiner und ist völlig hin und weg von seiner anthroposophischen, spirituellen Welt. Steiner sagt damals „Schön sei dasjenige, was sein Inneres in seiner äußeren Gestaltung zur Offenbarung bringt.” Das ist genau ihr Ansatz: Ihr könnt euch vorstellen, dass ich mich unglaublich freue, dass Herbert Grönemeyer heute hier ist. Er hat den kritischen Blick auf Männlichkeit zu Pop gemacht, obwohl das Thema bis heute nicht wirklich populär ist. Ist er manchmal selbst davon genervt, dass sein Song als Männerhymne missverstanden wird? Kann er sich selbst noch hören und warum klingen seine Lyrics von 1984 noch immer nach heute?

Fabian Hart: Herr Grönemeyer, ich weiß, dass Sie nicht viele Interviews geben und deshalb freue ich mich natürlich sehr, dass Sie heute hier sind. Einen Podcast über Männlichkeiten – ich konnte das einfach nicht ohne Sie machen…

Herbert Grönemeyer: (lacht)

Fabian Hart: Seit 36 Jahren, also genau so lange wie ich lebe, läuft ihr Song „Männer", wann immer deutschsprachige Medien Männlichkeit diskutieren. Sind Sie manchmal genervt davon, in welchen Kontexten er benutzt wird?

Herbert Grönemeyer: Ja, das war damals die 1980er-Sicht auf Männlichkeit. Der Song war ein Versuch dem Thema ein wenig Leichtigkeit zu geben, es mit Distanz zu betrachten und eher britisch mit Witz. Ich habe mich selbst gewundert, welche Ernsthaftigkeit dieses Lied bekam. Über die Jahrzehnte hat sich natürlich das Männlichkeitsbild immer wieder neu verschoben, im Grunde genommen wie eine politische Kultur. Aber damals hatte ich das zum Teil auch albern gemeint. Ich gelte nicht als der größte „Heiterkeitsbolzen“, wobei ich glaube, dass ich fröhlicher bin als man denkt.

Fabian Hart: Sie wurden damals auch als Softie bezeichnet. Wie kamen Sie damit zurecht, dass Sie plötzlich auch für ein neues Männerbild standen?

Herbert Grönemeyer: Ich glaube das lag eher an meiner Frisur, vielleicht weil ich rote längliche Haare und einen Scheitel hatte, aber ich habe mir da nicht so viel Gedanken gemacht. Man sollte sich immer wieder selbst in Frage stellen und reflektieren. Das war damals mein Versuch als ich mit 27 Jahren „Männer“ geschrieben habe. Ich dachte, dass die Zeit genau richtig sei, dass Männer sich mal von außen betrachten.

Fabian Hart: In den Lyrics steckt ja auch eine Tragik, etwa „Männer weinen heimlich“.

Herbert Grönemeyer: Ich gehöre zu einer Generation, die erzogen wurde von der Kriegsgeneration. Mein Vater kam aus dem Krieg zurück, so etwas wie eine Pubertät kannte er nicht, weil er schon sehr jung Soldat wurde und da galt natürlich dieses merkwürdige Haare abrasieren und der Mann weint nicht. Mit „Männer“ wollte ich auch sagen, dass nur muskulös sein und alle Gefühle unterdrücken und damit durch die Wand – das kann es ja auch nicht sein. Da bekommst du eben einen Herzinfarkt! „Männer“ war ein Aufruf, dass man „männlich“ sein kann, aber dennoch natürlich seine Gefühle äußert, auch in Beziehungen. Das Menschliche trifft sich immer in der Schwäche. Das trifft sich nie in der Stärke. Wir Menschen verbinden uns untereinander immer in der Schwäche, das führt uns zueinander. Da kommt man zusammen. Stärke stößt ab, Schwäche macht auf, da kann man sich verbinden, egal welchem Geschlecht man angehört.

Fabian Hart: Ihr Vater hat, das haben Sie selbst einmal in einem Interview erzählt, immer gesagt er sei „hart aber ungerecht“…

Herbert Grönemeyer: Meine Eltern waren relativ streng. Meine Großmutter war die Tochter eines Rittmeisters, der am preußischen Hof die Kadettenschüler erzog, mit der Peitsche, mit dem Stock. Mein Vater war Hauptmann im Krieg. Sie waren beide trotz der Strenge doch sehr liebevoll. Das war eine sehr komische, komplexe Mischung. Dieses hart und diszipliniert sein, das hat ziemlich lange Generationen an Männern geprägt. Gerade diese Kriegsväter, die natürlich nie über ihre Schwächen gesprochen haben, aber auch nicht über den Krieg. Die haben nicht darüber gesprochen wie sie eigentlich litten, welche Traumata sie hatten, sondern die haben das beiseite geschoben und gesagt, dass sie da schon durchkämen, dass sie das schon bis ans Ende des Lebens schaffen würden nicht darüber reden zu müssen. Und das hat zu dieser Härte geführt und ich denke auch zu einer Härte speziell den Söhnen gegenüber. Insofern war „Männer“ sicherlich auch ein Aufruf an diese Kriegsgeneration sich aus diesem Korsett zu lösen.

Fabian Hart: Haben sie mit Ihrem Vater darüber gesprochen, also gab es später diese Gespräche?

Herbert Grönemeyer: Es gab die Gespräche leider nicht. Mein Vater war ein sehr reflektierter Mann, er war auch sehr selbstkritisch und hat sich in Frage gestellt, auch seine Erziehungsmethoden zum Glück. Im Laufe seines Lebens hat er Bilanz gezogen und sich dann zum Teil auch entschuldigt für seine Strenge. Aber wir hatten nie die Chance miteinander zu sprechen, auch was seine Emotionalität angeht. Er war ein unheimlich lebenslustiger Mensch, leidenschaftlich, der auch weinen konnte vor Glück. Ich habe ihn zweimal vor Glück weinen erlebt. Das war sehr schön, weil er sich tierisch freuen konnte.

Fabian Hart: Wo war das?

Herbert Grönemeyer: Am Tisch. Er aß wahnsinnig gerne, war ziemlich stämmig, relativ fest, dick, fand sich aber selbst bildschön. Er sagte, dass das eigentlich ungerecht sei, dass einer allein so schön sein könne. Er rauchte und trank auch gerne und freute sich wenn er in Gesellschaft war, mit Freunden zusammensaß und das Leben genießen konnte, vielleicht auch aufgrund seiner Vergangenheit. Er war ein kantiger Typ, aber da konnte er seine Gefühle rauslassen. Wir waren drei Söhne, also drei Brüder, über Gefühle und Leid ist im Grunde genommen nie gesprochen worden. Mein mittlerer Bruder ist nach Indien ausgewandert. Er hat versucht sich dadurch zu lösen. Dieser Übergang von der strengen Erziehung ins Erwachsenwerden und dass wir eben auch nicht darüber sprechen konnten, das hat uns geprägt. Und „Männer“ schrieb ich mit Ende 20, als ich anfing auch über mich nachzudenken. Aber das war nichts Intellektuelles. In der Zeit ist man einfach so wüst und stürmisch, das war kein intellektueller Vorgang so wie ich es heute machen würde. Aber dennoch war das der Aufruf „Kommt aus dieser Härte raus!“

Fabian Hart: Was haben Sie von Ihrem Vater und was ist völlig untypisch für Sie im Vergleich zu wie ihr Vater war?

Herbert Grönemeyer: Zum Glück hat er mir, obwohl ich im Leben nicht nur von Glück gepudert wurde, dieses Lebensbejahende mitgegeben. Das heißt nicht, dass ich nicht auch melancholisch sein kann und sehr nachdenklich. Aber das Leben ist dennoch ein Geschenk und ein großartiger Film. Auch der Respekt vor anderen Menschen, den hatte er auch sehr. Er hatte keinerlei Dünkel und war ein sehr offener Mensch. Er fand die Spezies Mensch einfach hinreißend und lebensantreibend. Meine Mutter kommt aus einem baltischen Adel, die war einen Tick zugeknöpfter. Mein Vater ging auf Menschen zu und freute sich riesig darüber, wenn er Menschen traf. Ich glaube nicht, dass ich seine Strenge habe und auch diese Bedingungslosigkeit. Also speziell in seinen jüngeren Jahren. Ich war aber auch der jüngste von drei Brüdern und konnte mir immer genau ankucken, was mit meinen Brüdern passiert und habe mir dann clever den Ausweg gesucht. Aber diese Lebenslust und dieses „in den Tag zu beißen“ und aus dem Leben das zu schöpfen, was da ist, das glaube ich hat er an mich weitergegeben. Und er hatte eben sehr früh seinen Vater verloren, da war er fünf. Mein Großvater war Bergwerksdirektor und mein Vater stand neben seiner Mutter, als mein Großvater runter in die Grube musste, weil da ein Gaseinbruch war. Er ging runter und war sofort tot. Mein Vater stand oben an der Öffnung. Er hat sehr früh in seinem Leben begreifen müssen, wie ernüchternd das ist.

Fabian Hart: Wie sehr hat Ihre Heimat ihr Männlichkeitsbild geprägt? Hartes schuften unter Tage, Bergbau, ihr Vater war Bergbauingenieur. Wie sind sie dadurch beeinflusst worden?

Herbert Grönemeyer: Im Ruhrgebiet ist das Leben im Grunde wie Montage in der Wüste. Die Menschen arbeiteten zu der Zeit, in der ich groß geworden bin, zum Großteil in Bergwerken. Die fuhren jeden Tag in die Erde. Ich war einmal auf der zehnten Sole, das sind tausend Meter unter der Erde und habe mir das angesehen. Wenn man das jeden Tag macht, dann begreift man dieses Existenzialistische, wie schnell das Leben auch vorbei sein kann, wie gefährlich das ist und das prägt eine Gesellschaft. Das prägt die Gegend. Da wurde nicht viel rumgeredet, bis heute nicht. Das sind Erdmenschen, die tragen ihr Herz auf der Zunge. Sobald du etwas Schnöseliges machst oder nicht zuverlässig bist, kannst du im Grunde genommen gehen. Das passt den Menschen dort gar nicht. Dafür ist das Leben zu kurz, für so einen „Kappes“. Natürlich waren die Männer auch ein Bild von Kerlen. Die fuhren Ruß bedeckt wieder hoch, ich hab mir das auch einmal angesehen, wie die unter die Dusche gingen und die Sachen da an Seilen hochzogen, dass war natürlich schon eine Männergesellschaft. Die prägte. Das hatte einen große Wucht.

Fabian Hart: Und das hat natürlich auch diese Rollengefüge geprägt. Der Mann ist der Versorger, er ist nicht da, der arbeitet und ist buchstäblich ganz weit weg, nämlich ganz weit unten.

Herbert Grönemeyer: Der ist ganz weit unten und wenn er hochkommt, dann zieht er sich auch erstmal zurück. Wenn so ein Mann nach acht Stunden im Bergwerk nach Hause kam, dann setzte der sich natürlich nicht hin und hielt Vorträge, sondern setzte sich auf den Dachboden zu seinen Tauben, trank sein Bier und war still, ruhig, weil der erstmal ausatmen musste. Die Männer waren nicht vorhanden, das ist richtig. Das Männer- und Frauenbild war klar geprägt. Die Frau kümmerte sich um die Kinder und das Haus und hielt dem Mann den Rücken frei und der Mann stieg morgens in die Grube und holte mit dem Hammer oder mit dem Pressluftbohrer die Kohle aus der Wand.

Fabian Hart: Sie sind ja lieber ins Theater.

Herbert Grönemeyer: Ich möchte jetzt nicht sagen, dass ich weibliche Züge habe, aber meine Eltern wollten immer noch ein Mädchen und haben mir das auch immer erklärt, dass sie noch ein Mädchen wollten, nachdem sie zwei Jungs hatten. Und ich habe eben immer schon gesungen, ich habe immer schon Musik gemacht, das war immer mein Ventil. Ich habe schon als ich ein ganz kleiner Junge war, mit vier, fünf Jahren gesungen und dann mit acht Jahren Gitarre gespielt und dann Klavier und hatte mit 13 meine erste Band und bin immer aufgetreten.

Fabian Hart: Liegt ja auch in ihrer Familie…

Herbert Grönemeyer: Meine Großmutter hatte eine Gesangsausbildung, mein Großvater mütterlicherseits, den ich auch nicht kannte, spielte Cello und auch Gitarre und schrieb lustigerweise auch Lieder. Er hieß auch noch Herbert. Meine Mutter sang sehr schön, meine Tanten, also ihre Halbgeschwister sangen auch sehr schön. Alle meine Tanten, da sind sehr viel Frauen „übrig geblieben“ nach dem Krieg, kamen uns sehr oft besuchen und sangen alle auch Schlaflieder mehrstimmig am Bett. Bei uns wurde viel gesungen! Meine Brüder und ich spielten alle Gitarre, spielten alle Klavier und ich glaube die Musik hat mir geholfen. Speziell in der Pubertät saß ich viel für mich und spielte Gitarre und wurde auch zum Teil sehr rührig mit mir selbst. Ich spielte viel Leonard Cohen, war ein ziemlich guter „Picker“, konnte also Bob Dylan und auch Don McLean, aber ich habe viel Cohen gespielt.

Fabian Hart: Und dann kam 1984 ja mit „Männer“ auch der Durchbruch. Ist es dann aber nicht komisch, dass 2020 auf einem Junggesellenabschied noch immer dieser Song gespielt wird?

Herbert Grönemeyer: Ja. Ich höre meine alten Lieder nicht, also für mich. Wenn ich das im Radio höre, wundere ich mich und schalte um. Man selbst hat zu seinen alten Sachen eher das Gefühl, dass das Vergangenheit ist. Also als Künstler denke ich „Wozu bin ich noch im Stande jetzt? Was mache ich gerade? Wie denke ich gerade? Was schreibe ich gerade? Kommt da noch was?“ Es gab einmal von Anton Corbijn auch ein Live-Video, in dem ich mich verkleide und am Schluss eine Frau bin, um das einfach mal ein bisschen aufzulockern und auch zu zeigen: ich halte hier keinen Männlichkeitsvortrag. Wir selber nehmen das Stück inzwischen auch als Anekdote wahr, das ist einfach fast 40 Jahre alt. Wenn das jetzt auf Parties läuft, hat das sicherlich auch mit dem Beat zu tun und mit dem Keyboard. Ich weiß noch, ich habe das Lied mal auf Holländisch aufgenommen und dann haben die Holländer geschrieben, warum das ein Hit wäre in Deutschland könnten sie gar nicht nachvollziehen. „Mannen tappen moppen“ – der Text sei völlig „balla balla“, aber der Keyboarder sei gut! Ich selbst klebe nicht so an meinen Liedern. Es gibt sicher eine Handvoll Lieder, zu denen ich noch einen Bezug habe, der Rest ist dann mehr so Karaoke. Wenn ich jetzt „Männer“ singe oder „Alkohol“, dann singe ich das einfach so als sei ich in einer Karaoke Bar…

Fabian Hart: …Karaoke zu ihrem eigenen Song.

Herbert Grönemeyer: Also meine Lieder haben schon eine Bedeutung, aber ich schreibe auch Lieder, damit ich was zu singen habe und damit ich Spaß habe.

Fabian Hart: Es gibt aber auch einfach gar nicht so viele Lieder von Männern, die sich mit dem Thema Männlichkeit auseinandersetzen…

Herbert Grönemeyer: … das mag sein.

Fabian Hart: Darum muss auch nach fast 40 Jahren noch immer ihr „Männer“ herhalten, wann immer jemand was über Männer zusammenschneidet im Radio oder im TV oder wo auch immer. Deshalb werden noch immer Ihre Lyrics zitiert. Wie viele „Gender Theory“-Bachelorarbeiten gibt es wohl…

Herbert Grönemeyer: … die den Song als Headline verwenden? (lacht)

Fabian Hart: Ja. Es ist ja auf der einen Seite schade, dass der Song fast schon als Männerhymne idolisiert und verkannt wird und gleichzeitig aber eine so rege Diskussion geführt wird mit diesem Text auch noch fast 40 Jahre später.

Herbert Grönemeyer: Ja, das ist sicherlich so. Ich habe mich auch schon gefragt: Wie würde ich das Lied heute schreiben?

Fabian Hart: „Männer II“!

Herbert Grönemeyer: Ja. Nun bin ich natürlich in einer anderen Lebensphase und nicht mehr in der mega Pop-Phase. Der „Sturm und Drang“ ist schon noch da, aber dennoch ist Pop auch jung und dynamisch und wild und verwegen und zum Teil auch realitätsfremd – im guten Sinne und ich finde das ist wichtig. Dennoch ist es richtig, dass im Grunde jede Dekade vielleicht nach einer Auseinandersetzung mit dem Männerbild fragt, auch in der Kunst.

Fabian Hart: Viele Zeilen aus „Männer“ gelten ja auch heute noch 1:1 bei Themen wie #MeToo etwa: „Männer kaufen Frauen“ oder „Männer baggern wie blöde“. Auf der einen Seite haben sich die Geschlechterrollen verändert, deswegen sitzen wir ja auch heute hier, aber gleichzeitig gilt eigentlich noch das traditionelle Männerbild im Kino, TV. Ich würde es spannend finden, gäbe es „Männer II“.

Herbert Grönemeyer: Das ist schon richtig! Diese männlichen Strukturen in allen leitenden Funktionen, auch in der Kultur, beim Film zum Beispiel, dass ist schon interessant, wie lange die sich durchsetzen oder nach wie vor da sind. Dass das nicht schon viel früher aufgebrochen ist. Ich habe da eine etwas verstiegene Theorie. Ich glaube, dass der Mensch immer diejenigen unterdrückt, denen er sich nicht gewachsen fühlt. Der Mann versucht natürlich wie ein Platzhirsch sein Bereich zu verteidigen. Im Grunde weiß der Mann aber, dass die Gemeinschaft mit allen anderen Geschlechtern ihn viel lebendiger und beweglicher machen würden, aber er traut sich nicht und weil er sich dem nicht gewachsen fühlt, unterdrückt er. Diese Unterdrückung geschieht aus Angst, schierer, purer Angst. Und über Angst zu sprechen ist natürlich für den Mann fatal und deswegen verteidigt er sein Terrain solange es geht. Deswegen auch dieses „Männer kriegen einen Herzinfarkt“. Wenn es geht bis zum Schluss: „Ich möchte nicht darüber reden, ich habe Angst davor und deswegen unterdrücke ich lieber.“ Das ist einfacher. Und diese Versteifung, diese furchtbare Strenge führt eben zu fatalen Auswüchsen oder einer narzisstischen Störung, wie man es jetzt ja auch weltweit sieht an Männern, die Gesellschaften leiten mit einer wahnsinnigen Angst…

Fabian Hart: … vor Veränderung

Herbert Grönemeyer: …vor Veränderung, aber auch vor sich selbst. Je mehr es einem gelingt sich einen Platz zu schaffen, an dem man über seine Schwächen sprechen kann, an dem man „zugeben“ kann, an dem es eine Stärke ist, dass man über seine Schwächen spricht, umso mehr wird sich eine Gesellschaft öffnen. Aber das ist ein unglaublich schwieriger Prozess.

Fabian Hart: Wenn du als Mann etwas tust das eigentlich in Verbindung gebracht wird mit dem „schwachen Geschlecht“, also das was Frauen tun, zum Beispiel öffentlich weinen, dann ist das auch ein Degradieren seiner selbst. Also nicht schwach sein dürfen, weil man sich dadurch ein entmännlicht…

Herbert Grönemeyer: …Ja, aber ich glaube der Mann diskreditiert das nicht, er bewundert das innerlich, dass Frauen das können. Dass sie den Mut haben über Gefühle zu sprechen, dass sie sich öffnen. Weil der Mann das nicht hinkriegt, dreht er den Spieß um und diskreditiert das als Schwäche. Angenommen man wird mit mit einer Mutter groß, die eine stolze weibliche Frau ist, dann merkt man wie beweglich sie mit ihren Gefühlen ist, mit dieser Wärme und man möchte das im Grunde genommen auch leben, aber kriegt natürlich ein völlig anderes Rollenverhalten geprägt. Zum Teil von den Müttern, aber auch natürlich von den Vätern. Und diese Diskrepanz ist extrem kompliziert. Das merkt man ja auch daran wie Mütter mit Töchtern umgehen und wie Mütter mit Söhnen umgehen oder umgekehrt Töchter mit Müttern und Söhne mit Müttern. Töchter sind auf Augenhöhe mit der Mutter, sie haben die gleichen Spielregeln zur Verfügung. Der Sohn wankt total zwischen Mutter und Vater und diesem Rollenverständnis was „männlich“ ist. Das ist sehr komplex. Und da macht der Mann oft sehr früh dicht, sehnt sich aber im Grunde danach, dass abzubauen.

Fabian Hart: Und der Frust darüber etwas nicht ausleben zu können, was man eigentlich bewundert, wird zum Problem.

Herbert Grönemeyer: Ja, deswegen ist es nicht ganz richtig, dass Gefühle zeigen in männlichen Augen als Schwäche gilt. Der Mann begreift das schon als Stärke, als große Stärke.

Fabian Hart: Aber es wird ihm in unserer Kultur „ausgetrieben“ und als Schwäche festgelegt.

Herbert Grönemeyer: Diese Schwäche aber ist die Stärke. Schwäche ist die menschliche Kraft. Die Schwäche, die wir haben, das macht den Menschen stark. Das erlaubt Empathie, das ist Mitgefühl, das macht uns einfühlsam, das ist das, wo wir andocken, das ist die große Öffnung in uns. Absurderweise ist die menschliche Schwäche die große Kraft eines Menschen. Das ist das Großartige. Nicht die Stärke, nicht das Muskulöse, Schmerzunempfindliche, Soldatische. Das ist keine Stärke. Das ist einfach nur Bodybuilding. Das ist Unsinn.

Fabian Hart: Sie haben Ihre Musik als Ausdrucksmedium – seit Jahrzehnten bringen Sie ganz selbstverständlich Gefühle zum Ausdruck, sind zart und poetisch, aber nie kitschig und auch nie selbstbemitleidend. Sie gestehen sich Scheitern ein, Sie singen über Liebeskummer, Verlust, den Tod. Wie aber können wir Männern klar machen, dass sie einen eigenen Ausdruck finden müssen. Bei Ihnen ist es die Musik, bei mir ist es das Schreiben. Sie sind auch ein Fußballfan und spielen Tennis. Sport ist ein wichtiges Ventil für Männer um emotional zu werden. Aber es ist doch schade, dass Weinen oft nur in eine Fankurve okay ist, aber nicht zu Hause am Küchentisch. Wie könnte man das auflösen?

Herbert Grönemeyer: Komplexe Frage. Nehmen wir die aktuelle kulturelle Situation, in der wir uns alle gerade befinden. Corona. Es ist dieses Jahr plötzlich fast gar nicht mehr anders machbar, als mitzuempfinden, weil es alle betrifft. Zum ersten Mal überhaupt gibt es keine Unterschiede, weder kulturell, national, weder Westen, Osten, Süden, Norden. Corona betrifft alle und das, glaube ich, macht mit den Menschen auch etwas. Der Mensch ist zum ersten Mal in einer sehr komplexen Notsituation und gleichzeitig müsste er, wenn er ehrlich ist, zugeben, dass er auch emotional durch Wellen geht, die er vorher nicht kannte. Mitgefühl, das er vorher nicht kannte, dass er wacher oder wachsamer wird. Doch es ist die Frage wie wir es schaffen in einer Gesellschaft eine humanistische Offenheit zu erreichen. Das würde dem Mann auch die Chance geben über seine Emotionalität zu sprechen. Natürlich könnte man auch sagen er soll malen gehen oder in die Strickgruppe. Aber dass ist nicht das Thema. Ich glaube, dass dieses Jahrhundert das Jahrhundert der Mitmenschlichkeit wird. Das ist meine These, die mag auch sehr verstiegen sein, aber ich glaube dass wir in dieser Phase zum Ersten mal auch begreifen, dass wir im Grunde aufeinander angewiesen sind und wie schön das ist, dass wir aufeinander angewiesen sind. Die Menschen verstehen plötzlich wie das ist, wenn man in der Not lebt und wir leben gerade alle in einer sehr merkwürdigen Notsituation. Das eint uns, das eint uns alle, die ganze Welt. Selbst Weltkriege waren lokal, aber jetzt ist plötzlich etwas da, das die ganze Welt eint. Das Grundgefühl das uns alle erreicht ist das Gleiche. Wir haben Angst. Wir sind nervös. Aber schafft man es daraus jetzt eine Möglichkeit zu finden, dass eine Gesellschaft sagt „Wir wollen versuchen mitfühlender, mehr miteinander zu sein.“ Das klingt jetzt ein bisschen nach Kirche, das meine ich aber nicht. In meinen Augen besteht gerade eine große Chance, auch für die Männlichkeit, endlich mal darüber zu reden, dass man Angst hat. Das ist jetzt nicht mehr degoutant, auch nicht vor anderen Männern.

Fabian Hart: Weil es so ein kollektives Gefühl ist, weil alle darunter leiden.

Herbert Grönemeyer: Genau. Weil alle darunter leiden. Und das könnte genau die Gelegenheit sein, dass Rollenregeln brechen. Die Gelegenheit wahrnehmen und vielleicht zu trainieren, etwas etwas offener zu werden, offener miteinander zu sprechen. Und das merkt man selbst wenn man sich mit Leuten langsam wieder trifft und gar nicht mehr nur „rumnölt“. Das Klima der Gespräche ist anders. Es ist nicht mehr dieses „Wer bin ich, wer bist du?“, sondern „Wer sind wir?“

Fabian Hart: Also auch weg von der Rolle des einsamen Streiters.

Herbert Grönemeyer: Genau. Das meine ich mit Ellenbogen-Ego-Trip sowie Ende des letzten Jahrhunderts, Anfang dieses Jahrhunderts. Ich glaube, dass das sich auflöst. Die Welt ist nur zu retten, wenn wir mehr aufeinander hören und mehr füreinander fühlen.

Fabian Hart: Wobei die Pandemie ja gerade auch offenlegt, dass Männer und Frauen sehr unterschiedlich mit dieser Krise umgehen. Dass teilweise Männer sich noch nicht mal okay damit fühlen eine Maske zu tragen, weil es sie ent-männlicht. Ein großer Artikel in der Washington Post lautete „Making men feel manly in masks is a public Health Challenge of our time“. Also auch hier wird das Bild bestätigt vom unfehlbaren, unkaputtbaren Mann, der sich an so einem Virus sowieso nicht ansteckt. Das ist ein Beispiel für heute würde man sagen „giftige, toxische Männlichkeit“, wie sie auch Ihren Vater beschrieben haben. Die Care-Arbeit wird zum Großteil von Frauen geleistet. Gerade wird diese Ungerechtigkeit vor allen enttarnt und wir verstehen, dass es eigentlich nicht so weitergehen kann…

Herbert Grönemeyer: Ich glaube aber, dass Veränderungen immer wie Homöopathie entstehen. Ich glaube nicht, das die ad hoc entstehen. Natürlich gibt es Männer, die sagen „Ich bin zu cool, ich trage keine Maske.“Aber wir reden ja hier von einem wahnsinnigen Kulturschock, der noch lange nicht ausgestanden ist. Wir müssen lernen, auch durch diese Entschleunigung, die wir gerade erfahren, dass wir eine kulturelle Veränderung auch durch das Virus, erst in fünf, sechs, sieben Jahren erleben. Wir sind die „Klickzeit“ gewohnt. Klick und fertig, Das Leben hat eine ganz andere Natur. Diese ganzen Entwicklungen, auch bei uns Menschen, haben viel längere Zeiträume. Das dauert, bis das bei den Männern durchsickert, die heute noch in ihrem Einzelkämpfer-Bild ohne Maske auf der Nase behaupten, dass sie keine bräuchten. Das ist so ähnlich wie wenn man einen Unfall hatte. Erst sagt man „Danke, es geht mir“ und zehn Stunden später kollabiert man. Die Folgen kommen wann anders. Ich bin der Meinung und ich hoffe und ich glaube auch daran, dass wir durch diesen Schock begriffen haben, unter dem wir alle stehen, dass es einer völlig anderen Form bedarf des aneinander Teilnehmens. Männer werden immer noch versuchen 120 oder 500 Liegestütze am Stück zu machen. Aber die Chance besteht durch solche Gespräche oder solche Debatten über ein Männlichkeitsbild, dass sie begreifen, dass sie eben nur mit allen anderen Geschlechtern zusammen stark sind. Das ist einfach so. Alles andere ist ein einsames Verkommen.

Fabian Hart: Gibt es Momente wo Sie, vielleicht im Nachhinein denken „Da habe ich jetzt aber einen auf Macker gemacht!“ oder in denen Sie versucht haben besonders männlich zu wirken?

Herbert Grönemeyer: Ja logisch! Da fällt mir gerade ein, dass es interessanterweise in der Erotik ja auch „die Männlichkeit“ gibt… aber nicht die Weiblichkeit.

Fabian Hart: Potenz!

Herbert Grönemeyer: Dem steht aber im Grunde gar nicht diese „wuchtige“ Weiblichkeit gegenüber.

Fabian Hart: Weil die Frau ganz oft eben als „das Gefäß“ angesehen wird und der Mann dominiert.

Herbert Grönemeyer: Ja, das ist aber nicht richtig, das ist im Grunde genommen falsch. Ich finde es aber interessant, dass sich das so festsetzt, da wir gerade darüber sprechen. Das ist im Grunde genommen bescheuert. Das ist die gleiche Kraft, die gleiche Großartigkeit. Aber klar, das machen wir doch alle, dass wenn wir irgendwo hinkommen wir auf „Wer hat mich schon gesehen?“ tun, das ist jetzt nicht der Unterschied zwischen männlich und weiblich. Oder wenn ich auf die Bühne gehe. Ich kann mich ja nicht da vorne an die Rampe stellen und sagen „Entschuldigung, ich bin jetzt gerade hier, aber ich wollte gar nicht hier sein.“ Natürlich stelle ich mich da hin und wenn sich alle freuen, dann stelle ich mich noch ein bisschen länger hier hin. Das ist ja klar.

Fabian Hart: Das hat natürlich auch mit Ihrem Bühnen Alter Ego zu tun. Sie müssen ja auch Raum einnehmen.

Herbert Grönemeyer: Ja klar. Ich meine, das ist wie eine Sucht und hat auch mit großer Eitelkeit zu tun. Sonst kannst du da nicht stehen. Du kannst dich da vorne nicht hinstellen uns sagen „Entschuldige bitte, ich habe keine Zeit.“ Das ist das Drama des Frontmannes oder der Frontfrau. Da musst du dich erstmal hinstellen, da musst du rausgehen. Stell dich da mal zwei Stunden hin!

Fabian Hart: Hat Sie Männlichkeit schonmal eingeschränkt? Also gab es Momente, wo sie dachten „Kann ich jetzt irgendwie nicht bringen, das macht man nicht als Typ.“

Herbert Grönemeyer: Ich würde eher umgekehrt sagen, dass ich sicherlich schon Macho-Gehabe angenommen habe oder über Dinge „weggebügelt“ bin oder so. Ich glaube, dass wenn ich durchatme und mich entspanne ein relativ vielschichtiges Bild von Männlichkeit habe. Ich finde das sind nicht nur sechs Eigenschaften oder neun, ich finde einfach das sind 45 oder 62. Und dann kommt man aber wieder an die Menschlichkeit, weniger an weiblich oder männlich. Aber es gibt sicherlich Momente, in denen ich eher den Macker gespielt habe, das würde ich schon sagen.

Fabian Hart: „Wann ist ein Mann ein Mann?“ berücksichtigt 2020 auch Transmänner und queere Menschen. Wie fühlen Sie sich in dem Kontext wohl, dass ihre Musik teilweise als starke Botschaften angesehen werden, gerade von der Queer Community, weil sie sich eben kritisch mit Männlichkeit auseinandersetzt?

Herbert Grönemeyer: Also meine Hoffnung wäre wenn meine Lieder insgesamt mich repräsentierten in dem wie ich ticke, nicht nur die Lieder, die ich über Männlichkeit schreibe. Ich hoffe, dass meine Lieder das als Gesamtheit wiedergeben. Vor Ewigkeiten hat meine Mutter von meiner zweiten Platte ein Lied gekratzt: „Etwas Warmes“. Da hat mir mein Onkel erzählt, meine Mutter hätte ihm die Platte nach Kanada geschickt, aber das Lied wäre ausgekratzt, mit einer Nadel auf Vinyl.

Fabian Hart: Warum hat sie das gemacht?

Herbert Grönemeyer: Weil es um Homosexualität ging. Das war Ende der 1970er. Meine Mutter war ein bisschen…

Fabian Hart: …homophob?

Herbert Grönemeyer: …das war nicht homophob, das war… ja, sicherlich auch. Aber gleichzeitig war sie verstiegen konservativ, indifferent konservativ.

Fabian Hart: Also sie hatte Angst, dass dieses Lied Sie vielleicht als schwul dastehen lässt?

Herbert Grönemeyer: Ich hatte das überhaupt nicht mitbekommen! Das hat mein Onkel mir erst vor sechs, sieben Jahren erzählt, als ich in Amerika auf Tour war. Ich wusste das gar nicht bis dahin. Meine Mutter war was solche Dinge angeht, sehr, sehr verspannt und sehr verkrampft und …homophob?

Fabian Hart: Homophobie ist ja Angst, also, sie hatte anscheinend Angst…

Herbert Grönemeyer: Ja, das kann gut sein. Sie hatte Angst um mich und dachte hoffentlich denkt mein Onkel jetzt nicht mein Sohn sei schwul. Aber das kann ich jetzt nur theoretisieren, das war nie eine Debatte. Ich habe auch sehr früh in meinem Leben Ringe und Ketten getragen und eine Kette, so mit 14. Da hat meine Mutter mir mal einen Brief geschrieben und aufs Kopfkissen gelegt und gesagt das wäre weiblich. Eigentlich irre, dass ich mich nie mit meiner Mutter darüber unterhalten habe. Dann lag da so ein Brief und ich dachte „Was ist das für ein Schwachsinn?“

Fabian Hart: Mit Ihrem Vater haben Sie sich über Männlichkeit nicht unterhalten, aber mit der Mutter eigentlich auch nicht?

Herbert Grönemeyer: Nein.

Fabian Hart: Aber sie hatten ihre Musik.

Herbert Grönemeyer: Die Musik und ja und meine Welt eben. Ich war früh in Bochum am Theater, mit 17. Das war natürlich 1974, voll in der Hippie-Zeit, Sturm und Drang, Peter Zadek. Und das hat mich denke ich am meisten geprägt. Das Theater mit seiner ganzen Vielschichtigkeit und Vielfarbigkeit und Wildheit.

Fabian Hart: Da waren sie zehn Jahre lang…

Herbert Grönemeyer: Ja, zehn, elf Jahre an verschiedenen Theatern. Meine Eltern, speziell meine Mutter dachte ich würde da untergehen. Die war natürlich völlig am Ende. Was aus mir mal würde! Und ich war nicht doof und habe auch angefangen Jura zu studieren. Heute noch kolportieren alte Freunde meiner Eltern „aus dem wird nichts“ und „der geht da unter am Theater“, der kommt da unter die Räder!“ Aber ich habe das nie so gesehen. Ich habe, das ist das was ich vorhin beschrieb, von meinem Vater, die Tage so genommen. Ich habe mir nie Gedanken gemacht, was aus mir wird. Das mache ich auch heute noch nicht. Und das hat mich geprägt auch immer der kompletten Sehensweise. Das schlägt sich auch in meinen Liedern nieder, die dann auch, wenn man die alle zusammenschüttet, auch ein gewisses Durcheinander repräsentieren. Das wollte ich auch immer. Wenn das so gesehen wird und auch so aufgenommen wird in den ganzen Szenen, dann freut mich das natürlich, das ist klasse.

Fabian Hart: Glauben Sie, hätte es eine bessere Gesprächskultur gegeben mit ihren Eltern, hätten sie diese Songs so gar nicht geschrieben?

Herbert Grönemeyer: Also wenn wir anders gesprochen hätten, hätte ich sicherlich andere Texte geschrieben. Ich glaube schon, dass eine Auseinandersetzung mit meiner Erziehung, mit meinem Großwerden und mit meinem Aufbruch, dem Versuch des Ausreißens sicherlich auch in meinen Liedern steckt. Und auch natürlich ein gewisser Versuch der Provokation, auch gegenüber meinen Eltern. Wobei mein Vater eben, was das anging, lebendiger und offener war. Also das ist sicherlich auch einen Ausbruch aus dem zu Hause klar. So sind die Texte natürlich auch gestaltet.

Fabian Hart: Ich habe einen sehr persönlichen Moment mit Ihnen. Meine zweite Mutter, eigentlich meine Tante, die nach dem Tod meiner ersten Mutter quasi die Mutterrolle übernommen hatte, erkrankte auch an Krebs und ist jetzt auch schon seit zehn Jahren tot. Ich habe, also obwohl ich jetzt an diesem Thema arbeite, typisch Männliches zu überwinden, das Gespräch zu suchen, meine Gefühle zu formulieren, Schwäche zu zeigen, in meiner Teenagerzeit und auch als junger Erwachsener, das wirklich nicht gut gekonnt. Was vielleicht auch damit zusammenhängt, dass ich traumatisiert war durch den Verlust meiner ersten Mutter. Und als meine zweite Mutter schon krank war, konnte ich diesen Schmerz nicht formulieren und obwohl ich das immer gespürt habe, dass wir uns eigentlich noch eine Menge zu sagen haben, ging das nicht so gut. Einmal saßen wir zusammen im Auto, das muss so 2005 gewesen sein, und da lief ihr Song „Der Weg“ und da war eigentlich alles gesagt. Wir haben uns angesehen und wussten beide, das geht nicht mehr lange und ich habe das in dem Moment begriffen, dass ich dem nicht aus dem Weg gehen kann, dass diese Konfrontation mit der Vergänglichkeit, mit der Trauer, dass man die nicht belustigen kann, dass man das nicht Humorisieren kann, dass man ab einem gewissen Punkt sich einfach stellen muss. Das war in dem Moment. Wir haben uns angekuckt, sie hat geweint, ich konnte das in dem Moment nicht, aber das ist meine sehr persönliche Geschichte. Also, ich bin tatsächlich auch durch eines ihrer Lieder gewachsen emotional. Da möchte ich mich tatsächlich auch dafür bedanken, weil das war ein sehr wichtiger Moment. Können Sie privat eigentlich auch halten, was sie so als Musiker singen?

Herbert Grönemeyer: Also ich glaube man muss sich extrem hüten von der Kunst auf den Künstler zu schließen. Natürlich ist die Gelegenheit, die man in der Kunst hat, so als drehe man einen Kinofilm über sich selbst. Natürlich ist man Superman in seinen Liedern. Kunst und Künstler muss man trennen. Ich habe mal irgendwann eine Nacht durchgesoffen in Wien und hatte am nächsten Morgen ein Interview mit drei Journalistinnen, die saßen im Nebenraum von meinem Hotel und ich war völlig besoffen und dann setzte ich mich an den Tisch und die erste Frage war, wie es denn so wäre als Frauenversteher. Das war die erste Frage, weil die Frauen denken, wenn sie die Lieder hören: der weiß genau Bescheid. (lacht) Ich sitze natürlich da und gebe mir Mühe mit meinem Text, aber natürlich stilisiert man sich in seinen Liedern, Ich habe viel Mist gebaut in meinem Leben. Ich bin auch nicht redlich oder wahnsinnig sensibel. Sehr schwierig. Ich bin eine diffuse Persönlichkeit, die es in ihren Liedern schafft, Dinge einmal besser fassen zu kriegen und mal schlechter fassen zu kriegen. Das ist ein Kunstwerk. Das ist genauso, würde ich ein schönes Bild malen, oder wäre sprachlich so behände in der Lage zu seinen, dass ich einen wunderbaren Roman schreiben könnte. Das würde aber nicht beinhalten, dass ich privat auch gütig, liebevoll und sprachlich wahnsinnig gewandt bin. Da wäre ich sehr vorsichtig und kann das auch nicht beurteilen, sondern ich bemühe mich schon in meinen Liedern von meinen Ansichten zu singen und ich glaube aber auch, dass meine Lieder speziell auch durch die Musik wirken, das ist meine These. Ich glaube, dass meine Musik, meine Melodien im Grunde vorwärmen für den Text. Also wenn die Musik nicht so wäre, wie sie wäre, wäre der Text nicht so stark. Das habe ich auch gemerkt, als wir in Amerika gespielt haben. Wir sind ja einmal quer durch Amerika getourt und haben vor Leuten gespielt, die uns noch nie vorher gesehen haben und wenn wir da nicht Lieder gehabt hätten, die auch anrühren… Ich weiß noch, dass ich auch mal „Flugzeuge im Bauch“ als Vorband in Quebec gesungen habe und da kam auch „How beautiful!“ Also ich glaube schon die Substanz der Lieder ist auch die Musik und da bin ich relativ nackt. Meine Musik, das bin ich. Die Texte sind schon auch kunstfertig, auch gezielt kunstfertig, damit sie berühren oder damit sie auch etwas transportieren. Ich glaube, wenn man sich hinsetzen würde, wirklich akribisch hinsetzen würde und wirklich die Texte alle hinlegen würde, dann würde man eventuell darauf kommen, was ich auch für ein Idiot bin, das würde man finden detektivisch. Und privat bin ich mal netter, mal blöder. Also ich kann einem auch ziemlich auf den Keks gehen. Ich würde nicht unbedingt gerne mit mir zusammen sein, was das angeht. (lacht)

Fabian Hart: Reden Sie denn mehr mit ihren Kindern, als Ihre Eltern mit Ihnen gesprochen haben?

Herbert Grönemeyer: Ja, das denke ich schon, das hat aber auch natürlich mit unserer Lebenssituation zu tun, dass ich mit meinen Kindern – das kennen Sie ja auch, durch so eine Katastrophe gegangen bin, die letztendlich erfordert, dass man versucht, soweit es geht über emotionale Dinge zu sprechen, mehr zu sprechen. Wie weit das dann ausreicht… Nun bin ich natürlich auch zwei in einem, also Mutter und Vater in einem, aber ich denke schon, dass wir mehr sprechen als meine Eltern mit uns gesprochen haben.

Fabian Hart: Und Sie würden kein Lied von der Schallplatte kratzen?

Herbert Grönemeyer: Ich würde mit Sicherheit kein Lied von der Schallplatte kratzen, nein.

Fabian Hart: Ihre Tochter macht Mode. Können Sie das so ein bisschen vergleichen mit sich selbst, als sie damals gesagt haben „So, ich gehe jetzt ans Theater“?

Herbert Grönemeyer: Das ist auf jeden Fall eine eigene Welt und genau so hoffnungsvoll wie man auch am Theater ist, aber gleichzeitig auch eine Welt, in der man sich ausprobieren kann. Und insofern finde ich das gut. Sie hat Industriedesign studiert und ist eben auch sehr künstlerisch und das ist ihr Versuch da weiter zu kommen. Ich denke, dass ist alles ein Ausprobieren, Erfolg haben, auch scheitern und und mal sehen und sich selbst erleben um dann immer weiterzukommen, bis man immer mehr zu sich selbst findet.

Fabian Hart: Sprechen Sie mit ihrem Sohn anders als mit ihrer Tochter?

Herbert Grönemeyer: Ich glaube es ist eher umgekehrt. Mein Sohn spricht auf seine Art mit mir und meine Tochter spricht auf ihre Art mit mir. Ansonsten sprechen wir über die gleichen Themen in verschiedenen Schattierungen, aber da gibt es keinen Unterschied. Ich spreche mit beiden gleich.

Fabian Hart: Fällt uns jetzt noch eine Zeile ein zu „Männer II“? „Männer tragen Masken“ zum Beispiel. Sowohl als Wunschvorstellung auf Corona bezogen, als auch im Sinne von „das Gesicht wahren“.

Herbert Grönemeyer: (lacht) …Männer müssen vom (falschen) Ross runter!

Fabian Hart: Vielen Dank für das Gespräch, Herr Grönemeyer!

Fabian Hart: Ganz ehrlich, jemanden wie Herbert Grönemeyer noch für ein Interview zu begeistern, nach jahrzehntelang anhaltender Karriere und Titel wie „Deutschlands erfolgreichster Musiker”, „17 Millionen verkaufte Tonträger”… Warum sollte er jetzt plötzlich einen auf Podcast machen wollen? Was kann ich den noch fragen, was er noch nicht beantwortet hat? Zu „Männer” – aber nicht nur. Und dann sitzt da jemand, der so zugänglich und interessiert und aufmerksam ist für die Zeit in der wir leben. Und letztendlich war der Song „Männer” auch nur ein Aufhänger für ein Gespräch über Männlichkeit, das wir aber auch so mit unseren Vätern führen könnten und sollten oder mit Männern einer anderen Generation. Unsere Väter waren auch nur Söhne, die auf ihre Väter klarkommen mussten, zum Mann sein angelernt wurden. „Es bedarf einer neuen Form des aneinander Teilhabens” hat Grönemeyer gesagt. Jede*r von uns kennt Männer, denen ein solches Gespräch gut tun würde. Wann schränkt dich deine Männlichkeit ein? Also auf was hättest du mal Lust, aber irgendwie machst du es nicht, weil es als unmännlich gelten könnte? Welche Frage hast du deinem Vater nie gestellt? Was ist typisch männlich an dir? Dafür muss man keinem Grönemeyer gegenübersitzen. Ihr werdet durch die Antworten, die ihr bekommt denken, dass ihr jemandem gegenübersitzt, den ihr gerade neu kennenlernt. Probiert es mal aus!

Fabian Hart: Gleich erzähle ich noch wer das nächste Mal zart bleibt, aber vorher geht’s noch einmal in die Werbung….

Werbung II Dr. Hauschka:

Und wir sind zurück in der Werbung bei Dr. Hauschka und Elisabeth Sigmund und die Geschichte wird erstmal dramatisch. 1938 marschieren in Österreich die deutschen Truppen ein und Elisabeths Ehemann Karl, der nie Soldat werden wollte, muss in den Krieg ziehen. Elisabeth selbst arbeitet zu dieser Zeit als Rotkreuzschwester. Nach dem Krieg leben die beiden für einige Jahre in Schweden und Elisabeth eröffnet in den 1950ern ihren eigenen Salon für Schönheitspflege in Stockholm. Hier entwickelt sie auch eine Rosencreme nach dem Rezept ihrer Großmutter, also die mit dem Garten, und entwickelt unter anderem ein Fußbad für Tänzerinnen. Jede Behandlung in ihrem Salon beginnt damals mit einem Fußbad und wenn ihr heute ein Dr. Hauschka Treatment bucht, ist das noch ganz genau so. Sie widmet sich, ganz Medizinerin, auch der Lymphstimulation. Da manchen KundInnen die Berührung mit den Händen zu viel ist, verwendet Elisabeth Sigmund auch Pinsel – auch das ist heute noch bei Dr. Hauschka Behandlungen so. Sie ist zudem Fan von Gesichtsgymnastik. Ich mache die hier auch gerade parallel, schade, dass ihr das jetzt nicht sehen könnt. In den 1960ern reist sie alleine für ein Jahr nach Indien, was für Frauen sehr ungewöhnlich ist für diese Zeit und verbringt die Monate in Mumbai in der Unibibliothek und studiert ayurvedische Medizin. Nach ihrer Rückkehr lernt Elisabeth Sigmund Dr. Rudolf Hauschka kennen, der das Unternehmen WALA Arzneimittel um Gesundheitspflege ergänzen möchte. Sie hat schon zuvor immer wieder WALA Produkte für ihre eigene Kosmetik bestellt und wird Anfang der 1960er von Dr. Rudolf Hauschka nach Eckwälden eingeladen. Der Rest ist Geschichte. Im Juni 1967 kommt die „Dr. Hauschka Heilende Kosmetik nach Elisabeth Sigmund” auf den Markt – das ist mal ein Branding. Zum ersten Sortiment gehört unter anderem auch die Rosencreme, die bis heute als „Rosen Tagescreme” ein Dr. Hauschka Classic ist. Sigmund stirbt 2013 mit 99 Jahren. Bis zuletzt ist sie über Änderungen und Neuentwicklungen von Dr. Hauschka informiert, ob Pflege oder dekorative Kosmetik: „Auch eine „schmückende“, eine dekorative Kosmetik kann im Grunde nicht bestehen, wenn sie nicht zugleich auch im Bereich des Hautorgans ordnende Aufgaben erfüllt.“ Mehr zu Elisabeth Sigmund, die treibende Kraft hinter der Pflege und den Anwendungen von Dr. Hauschka, findet ihr unter Dr.Hauschka.de/Kosmos.

Und wir sind zurück in der Werbung bei Dr. Hauschka und Elisabeth Sigmund und die Geschichte wird erstmal dramatisch. 1938 marschieren in Österreich die deutschen Truppen ein und Elisabeths Ehemann Karl, der nie Soldat werden wollte, muss in den Krieg ziehen. Elisabeth selbst arbeitet zu dieser Zeit als Rotkreuzschwester. Nach dem Krieg leben die beiden für einige Jahre in Schweden und Elisabeth eröffnet in den 1950ern ihren eigenen Salon für Schönheitspflege in Stockholm. Hier entwickelt sie auch eine Rosencreme nach dem Rezept ihrer Großmutter, also die mit dem Garten, und entwickelt unter anderem ein Fußbad für Tänzerinnen. Jede Behandlung in ihrem Salon beginnt damals mit einem Fußbad und wenn ihr heute ein Dr. Hauschka Treatment bucht, ist das noch ganz genau so. Sie widmet sich, ganz Medizinerin, auch der Lymphstimulation. Da manchen KundInnen die Berührung mit den Händen zu viel ist, verwendet Elisabeth Sigmund auch Pinsel – auch das ist heute noch bei Dr. Hauschka Behandlungen so. Sie ist zudem Fan von Gesichtsgymnastik. Ich mache die hier auch gerade parallel, schade, dass ihr das jetzt nicht sehen könnt. In den 1960ern reist sie alleine für ein Jahr nach Indien, was für Frauen sehr ungewöhnlich ist für diese Zeit und verbringt die Monate in Mumbai in der Unibibliothek und studiert ayurvedische Medizin. Nach ihrer Rückkehr lernt Elisabeth Sigmund Dr. Rudolf Hauschka kennen, der das Unternehmen WALA Arzneimittel um Gesundheitspflege ergänzen möchte. Sie hat schon zuvor immer wieder WALA Produkte für ihre eigene Kosmetik bestellt und wird Anfang der 1960er von Dr. Rudolf Hauschka nach Eckwälden eingeladen. Der Rest ist Geschichte. Im Juni 1967 kommt die „Dr. Hauschka Heilende Kosmetik nach Elisabeth Sigmund” auf den Markt – das ist mal ein Branding. Zum ersten Sortiment gehört unter anderem auch die Rosencreme, die bis heute als „Rosen Tagescreme” ein Dr. Hauschka Classic ist. Sigmund stirbt 2013 mit 99 Jahren. Bis zuletzt ist sie über Änderungen und Neuentwicklungen von Dr. Hauschka informiert, ob Pflege oder dekorative Kosmetik: Das war „Zart Bleiben” die Dritte und in der nächsten Folge kommen gleich zwei GästInnen ins Zart Studio. Ich freue mich auf meine Freundin Kaey, mit der ich jahrelang redaktionell zusammengearbeitet habe. Sie ist aber nicht nur eine richtig gute Schreiberin – mittlerweile beim Siegessäule Magazin – sondern vor allem als Performerin eine Instanz der Berliner Queer-Szene und Trans Aktivistin. Außerdem werde ich mich mit Gerhard Hafner unterhalten. Der Psychologe hat schon 1999 eine Beratungsstelle für Männer gegen Gewalt gegründet und ist auch heute noch spezialisiert auf Täterarbeit bei häuslicher Gewalt und UN Woman Botschafter der #HeForShe-Kampagne. Ich möchte von ihm ein Update darüber, inwiefern sich neue Männlichkeitsbilder auf die seelische Gesundheit von Männern auswirken und Kaey wird übers Gegenhalten sprechen, weil die Diskriminierungen, die sie als Trans Frau erfährt, meistens von Männern kommen, sie sich deshalb sowohl körperlich als auch seelisch schützen muss und es dennoch schafft sich ihren Pride zu bewahren, unmissverständlich...

Und wir sind zurück in der Werbung bei Dr. Hauschka und Elisabeth Sigmund und die Geschichte wird erstmal dramatisch. 1938 marschieren in Österreich die deutschen Truppen ein und Elisabeths Ehemann Karl, der nie Soldat werden wollte, muss in den Krieg ziehen. Elisabeth selbst arbeitet zu dieser Zeit als Rotkreuzschwester. Nach dem Krieg leben die beiden für einige Jahre in Schweden und Elisabeth eröffnet in den 1950ern ihren eigenen Salon für Schönheitspflege in Stockholm. Hier entwickelt sie auch eine Rosencreme nach dem Rezept ihrer Großmutter, also die mit dem Garten, und entwickelt unter anderem ein Fußbad für Tänzerinnen. Jede Behandlung in ihrem Salon beginnt damals mit einem Fußbad und wenn ihr heute ein Dr. Hauschka Treatment bucht, ist das noch ganz genau so. Sie widmet sich, ganz Medizinerin, auch der Lymphstimulation. Da manchen KundInnen die Berührung mit den Händen zu viel ist, verwendet Elisabeth Sigmund auch Pinsel – auch das ist heute noch bei Dr. Hauschka Behandlungen so. Sie ist zudem Fan von Gesichtsgymnastik. Ich mache die hier auch gerade parallel, schade, dass ihr das jetzt nicht sehen könnt. In den 1960ern reist sie alleine für ein Jahr nach Indien, was für Frauen sehr ungewöhnlich ist für diese Zeit und verbringt die Monate in Mumbai in der Unibibliothek und studiert ayurvedische Medizin. Nach ihrer Rückkehr lernt Elisabeth Sigmund Dr. Rudolf Hauschka kennen, der das Unternehmen WALA Arzneimittel um Gesundheitspflege ergänzen möchte. Sie hat schon zuvor immer wieder WALA Produkte für ihre eigene Kosmetik bestellt und wird Anfang der 1960er von Dr. Rudolf Hauschka nach Eckwälden eingeladen. Der Rest ist Geschichte. Im Juni 1967 kommt die „Dr. Hauschka Heilende Kosmetik nach Elisabeth Sigmund” auf den Markt – das ist mal ein Branding. Zum ersten Sortiment gehört unter anderem auch die Rosencreme, die bis heute als „Rosen Tagescreme” ein Dr. Hauschka Classic ist. Sigmund stirbt 2013 mit 99 Jahren. Bis zuletzt ist sie über Änderungen und Neuentwicklungen von Dr. Hauschka informiert, ob Pflege oder dekorative Kosmetik: Bis dahin würde ich mich freuen von euch zu hören. Gibt mir gerne Feedback zu dieser Folge, macht Vorschläge zu Themen und Wunsch-GesprächspartnerInnen für noch mehr „Zart Bleiben“ – am Allerbesten via Email an zartbleiben@fabianhart.com. Ich würde mich so freuen, wenn ihr „Zart Bleiben” abonniert, entweder auf Spotify oder Apple Podcasts und wenn ihr dort für „Zart Bleiben” auch ordentlich Sterne verteilt. Über einen kleinen Kommentar freue ich mich natürlich auch. Also bis dahin – bleibt zart! Euer Fabian Hart.

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